Projektabschluss  für sieben Teilprojekte in Remscheid, Solingen und Wuppertal, koordiniert durch die Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft.

Die Stadt der Zukunft wird wieder stärker produzierende Stadt sein, so die Experten. Diesen Ansatz greift das Förderprojekt „Urbane Produktion im Bergischen Städtedreieck – Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Quartiersentwicklung“ auf. Sieben erste, sehr unterschiedliche Teilprojekte können ihre Arbeitsergebnisse nach drei Jahren präsentieren.

Zum aktuellen Stand der Entwicklung

Vielerorts entstehen neue Produktionsstätten für kreatives Handwerk, ressourcenschonende Lebensmittelproduktion, Manufakturen, die hochwertige Nischenprodukte herstellen – mitten in der Stadt. Dabei geht es darum, lokale Ressourcen und lokal eingebettete Wertschöpfungsketten zu nutzen und aufzubauen. Bei der Nähe zum Lebensraum müssen zudem emissionsarme und ressourceneffiziente Produktions- und Transportweisen berücksichtigt werden. Dabei können sich auch Synergieeffekte mit Dienstleistungen und kreativen Milieus ergeben. Die Effekte: Nutzungsmischung, vitale Quartiere, neue, ökologische Stoffkreisläufe, Städte der kurzen Wege, wiederentdeckte Wertschätzung für vor Ort hergestellte Produkte. Die Stadt kann so ökonomisch resilienter gegenüber den Unsicherheiten des Weltmarktes werden. „Urbane Produktion“ gelangt zu einer neuen Bedeutung so auch im Bergischen Städtedreieck.

Hier arbeiten sieben Projekte in drei Städten zusammen, um als Wegbereiter für Urbane Produktion zu fungieren – koordiniert von der Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft.

Die sieben Teilprojekte

Bei „Close the Loop“ in Wuppertal geht es um innerstädtische Lebensmittelproduktion, bei der keine Abfälle entstehen sollen. Zwei Jahre intensiver Forschungsarbeit liegen hinter einem interdisziplinären Team aus Biolog*innen, Planer*innen, Architekt*innen, Chemiker*innen, Lebensmitteltechniker*innen. Sie haben ein Modell für eine abfallfreie Lebensmittelproduktion mitten in Wuppertal analysiert und entwickelt. Sie haben biologische und technische Abläufe simuliert, Input und Outputs von Kreislaufstoffen kalkuliert und Lebensmittelsicherheit mitgedacht für eine urbane Farm, bei der Fischzucht und Nutzpflanzenanbau kreislaufmäßig organisiert sind. Nicht zuletzt haben sie eine Verbraucherbefragung zur Akzeptanz durchgeführt und ein erstes Architekturmodell für eine Kreislauffarm entworfen. Das Projekt soll ein offener Anlaufpunkt im Stadtteil sein und sich mit Einzelhandel und Gastronomie vernetzen.

Die „Schmiede für Urbane Manufakturen“ im Remscheider Gründerquartier bietet Platz, um Ideen wachsen zu lassen. Denn Ideen, was für wen wie produziert werden könnte, gibt es genug. Daraus aber eine tragfähige Geschäftsstruktur zu stricken, erfordert viel Informationen, Austausch Input. Darum kümmert sich die Schmiede für Urbane Manufakturen in Remscheid. 20 Manufakturen wurden so bisher qualifiziert – durch Beratung, Inspiration, Austausch mit Gleichgesinnten oder auf Netzwerkabenden. Regelmäßig findet die “Schmiede-Schule” statt – mit Workshops, um die Manufakturen beim Wachstum zu unterstützen.

Das Projekt „RegRess – Regionales Ressourcenmanagement“ erprobt beispielhaft Weiterverwertung in der Produktion. Eine neu durchdachte Produktionskette, in der keine neuen Rohmaterialien verbraucht, sondern 100% Industriereststoffe genutzt werden, haben Wissenschaftler der Bergischen Universität Wuppertal ermittelt. Sie haben in einer Fallstudie zum Beispiel ein typisch bergisches Produkt entwickelt: ein Küchenmesser. Aus Restmaterialien der Produktion und Kooperation ortsansässiger Unternehmen ist ein wertiges, neues Produkt entstanden. Ökologische Effekte: Es wird nur ein Siebtel der Energie für die Herstellung benötigt, der Wasserverbrauch reduziert sich auf ein Hundertstel, der CO2-Fußabdruck auf ein Sechstel, keine Transportwege.

Bei „InSym – Industrielle Symbiose“ geht es darum, die Sekundärmaterialien in anderen Produktionsprozessen einzusetzen. Das Projekt sucht nach Unternehmen, die zusammenpassen und Materialien quasi symbiotisch nutzen können. Was bleibt in einer Produktion übrig und kann in einer anderen Produktionskette verwertet werden? Suchende und anbietende Unternehmen aus dem Bergischen Städtedreieck werden durch das Management des Projektes und durch eine digitale Plattform zusammengebracht. Die Vorteile für Unternehmen – neben den guten Umweltleistungen: Sie erschließen sich im günstigsten Fall neue Geschäftsfelder, schaffen neue Arbeitsplätze, werden resilienter, sparen Kosten für Entsorgung sowie durch den Einkauf regional verfügbarer, günstigerer Rohstoffe.

Auf lange Sicht ist Qualität nachhaltiger. In der Gläsernen Werkstatt in Solingen werden alte und neue Qualitätsprodukte wie Schneidwaren oder neue Haushalts- und Designprodukte aus dem gesamten Bergischen Städtedreieck präsentiert. Untergebracht ist die Gläserne Werkstatt in einem alten Kaufhaus in der Innenstadt. Manufakturen präsentieren sich und ihre Arbeit hier temporär. Hier wird es unter anderem Kochevents, Seminare, Ausstellungen oder Schauproduktionen geben.

Ein Internetportal mit Online-Karte zu urbanen Produktionsstätten, inspirierende Werkstattangebote und ein Campus für Neugründer gehören zum Wuppertaler Projekt „Neue Urbane Produktion“. Das Projekt mit Sitz in Wuppertal hat die Menschen im Stadtteil angesprochen, einfach mal etwas auszuprobieren: In Recycling- oder Do-it-yourself-Workshops wurde das kreative Potenzial von Menschen hervorgelockt. Menschen mit Geschäftsideen konnten sich von anderen, die bereits erfolgreich sind, beraten lassen, ein wachsendes Geoportal für Manufakturen wurde umgesetzt. Ebenso ist für eine alte Speditionshalle auf dem Gelände des Projekts ein Ideenwettbewerb abgeschlossen worden. Dort ist viel Platz für Menschen und ihre Ideen.

Das moderne Handwerk kennenlernen! Der Ort dafür heißt: ToolLab. Ein Ort des Experimentierens, des Informierens und des Austausches von Schülern, Handwerkern, Lehrern, Eltern. Das ToolLab ist außerschulischer Lernort, eine einladende Begegnungsstätte, Berufsorientierung und ein moderner Demonstrationsort, mit Hauptsitz in Remscheid und zahlreichen Satelliten im Städtedreieck.

Der Mehrwert

Bei den ersten Teilprojekten geht es um mehr als die Ausgründung neuer Unternehmen. Vielmehr sollen sie günstigstenfalls einander anregen und so innovative Kooperationen bis hin zu neuen Geschäftsmodellen entwickeln, die sich mit den wirtschaftlichen Potenzialen und Talenten der Region verbinden. Der Aufbau dieser besonderen, neuen Unternehmenslandschaft „denkt“ immer folgende Effekte für die Städte und die Region mit: Welchen Beitrag zur Nachhaltigkeit oder Kreislaufwirtschaft kann das jeweilige Vorhaben leisten? Kann es mitten in der Stadt platziert werden, um sichtbar zu werden und sie zu beleben? Welche neuen Technologien für neue Produktionswege kann es nutzen? Wie kann man die unterschiedlichsten Gewerke im Stadtteil in Kooperation bringen? Das Projekt „Urbane Produktion im Bergischen Städtedreieck – Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Quartiersentwicklung“ wird vom NRW-Wirtschaftsministerium und von dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert. Laufzeit des Projektes ist bis Ende 2022. www.urbaneproduktion.de